Meine erste Nachkriegsweihnacht


1945 hatte ich nach Kriegsende meine Mutter, meine Geschwister und die Schwester meiner Mutter mit ihren kleinen Kindern nach langer Suche wieder gefunden (siehe "Meine Heimkehr").

In einem Dorf bei Coburg waren sie in einem Saal einer Gaststätte als Flüchtlinge untergebracht.

Das wichtigste war jetzt, die Grossfamilie mit Essen zu versorgen. Betteln bei den Bauern des Dorfes um ein paar Kartoffeln oder Brot war dabei normal.

Ich bekam nach einigen Tagen Arbeit im Wald beim Förster und wurde mit Deputat entlohnt das ich gegen Lebensmittel tauschen konnte.

Meine Mutter hatte in der Gaststätte ein Kartenspiel gefunden und fing bei den anderen Flüchtlingsfrauen an, Karten zu legen. Ich wusste gar nicht, daß sie das kann und sie erzählte mir, sie hätte es als junges Mädchen bei einer Zigeunerin in Beuthen o/s gelernt.

Mit der Zeit machte es im Dorf die Runde und sie wurde von den Dorffrauen zum Kartenlegen eingeladen. Als einige der Vorrausagen, die meine Mutter machte, auch noch zutrafen wurde die Kundschaft immer grösser. Selbst aus den Nachbardörfern kamen Frauen um sich die Zukunft durch das Kartenlegen vorraussagen zu lassen.

Alles was an guten Lebensmittel während des Krieges nicht zu bekommen war, weil die Bauern es für sich behalten wollten, hatten wir jetzt. Mit allen anderen Flüchtlingen des Hauses bereiteten wir damit ein feines Weihnachtessen.

Für mich war das seit langer Zeit die schönste Weihnacht.


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