Verwandtentransport


Bis zum Herbst 1935 kannte ich die Eltern und Geschwister meiner Mutter nur von Bildern, denn sie lebten in Beuthen, Oberschlesien, welches circa 1000 km von Castrop entfernt war.

Es gab da eine Aktion der NS Wohlfahrt, den "Verwandtentransport". Dafür war ich ausgewählt worden. Ich sollte mit der Deutschen Reichsbahn (D.R.) nach Beuthen zu den Grosseltern fahren. Der Grossvater war Beamter bei der D.R. und hatte die ganze Reise organisiert.

Ich wurde mit einem Schild um den Hals in Dortmund in den Zug gesetzt. Betreut vom Zugpersonal erreichte ich Berlin, wo mich der Grossvater abholte und mit mir nach Beuthen fuhr.

Die Wohnung der Grosseltern war für mich wie ein Palast. Ich hatte noch nie ein richtiges Badezimmer gesehen, jetzt durfte ich täglich allein in der grossen Wanne baden. Zu Hause in Castrop hatten wir nur eine Zinkwanne in der Küche stehen, in der ich Samstags mit der kleinen Schwester gebadet habe.

Ich lernte die Geschwister meiner Mutter kennen, die auch in Beuthen lebten. Ich wurde von Allen verwöhnt, die Oma fragte ständig: "Hansl, was möchtest du essen." Ich bekam Sachen zu Essen, die ich nur vom Erzählen her kannte, denn bei uns zu Hause war Arbeitslosigkeit und dementsprechend war die Ernährung.

Nach sechs Wochen verwöhntsein, ging es unter Tränen wieder zurück nach Castrop. Später habe ich die mutterseitige Verwandtschaft noch öfter besucht.

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Kommentare

Hallo,

ich habe gerade Ihren Blog gefunden und bin begeistert. Ich werde bald 65 ud lasse mir auch gerade einen Blog machen. Wir alten Blogger und Bloggerinnen sollten uns verlinken. Ihre Geschichten sind schön und ich finde auch, dass es unendlich viel Spaß macht, wenn man seine Gedanken und Erlebnisse aufschreibt. Vielleicht gucken Sie dann auch bei mir mal rein.

Weiter viel Spaß beim Bloggen.

Janine Berg-Peer

Werter Hans,

Ich bin begeistert. Zwar bin ich einiges jünger und auch keine Castroperin. Dennoch meine Eltern, Grosseltern, Tanten, Onkel sind allesamt in Castrop- Rauxel aufgewachsen. Meine Grossmutter, welche vor 3 Jahren knapp 80 jährig verstarb, hat mir leider nie viel über unsere Herkunft verraten, weshalb ich mich nun auf die Ahnenforschung mache, welche eng mit Castrop zusammenhängt. Zudem ist unsere Familie die einzige mit diesem Familiennamen. Vielleicht kennen Sie ja sogar Familienangehörige. In jedem Fall freue ich mich sehr über Ihre Geschichten gestolpert zu sein und somit wieder ein wenig mehr über meine Herkunftsstadt zu erfahren.

Herzlichste Grüsse aus der Schweiz

B. Gründlers

Hallo!
Die "ZEIT" har mich aufmerksam auf Ihren Blog gemacht. Ich habe gern einige der Texte gelesen und bin beeindruckt. Jetzt muss ich mich auch wohl outen: Ich gehöre derselben Generation an, bin sozusagen als Kriegskind im Ruhrgebiet (Bochum - später Kinderlandverschickung)
aufgewachsen. Castrop-Rauxel war damals für mich eigentlich unerreichbar und doch so nah! Ich sende Ihnen viele Grüße nach Castrop-Rauxel und freue mich, Ihren Blog gefunden zu haben.

Annemie Fetten