Wieder auf Erin


Trotz meiner Bedenken ging ich wieder zurück nach Erin.

Aber es war nicht mehr der das alte Erin, der Familienpütt, wo jeder jeden kannte. Während meiner Wanderjahre hatten die Lothringer Erin geschluckt und die halbe Belegschaft bestand aus Kumpeln der stillgelegten Zechen Schwerin und Lothringen.

Die Kohleförderung war hochgefahren, die Aus- und Vorrichtung auf schnellen Vortrieb ausgelegt (möglichst schnell möglichst viele Kohleflöze erschließen und nutzen). Dafür brauchte man die Spezialisten meiner Firma, weil Erin selber keine eigenen Leute mehr dafür hatte.

Von den alten Erinern, die ich kannte, waren nur noch wenige da. Sie erzählten mir von der Übernahme der Lothringer, die sofort auf Leistung fuhren, um das maximale aus dem Berg und den Menschen herauszuholen.

Ich wurde von der Firma als Aufsicht eingesetzt um Brückenfelder einzurichten (das sind die Abzweige vom Querschlag in die Ortsstrecken). Auch hier machten die Lothringer immer und überall mächtigen Druck. Die Kumpel mussten immer "Volle Pulle" geben.

Die Lothringer wollten immer und alles maximal und besonders gut. Das führte oft zu skurrilen Ergebnissen wie dem folgenden:

Es hatte sich einmal der damalige Bundespräsident Scheel als Besuch auf Erin angemeldet. Hoher Besuch. Jetzt musste der ganze Pütt auf Hochglanz gebracht werden. Denn es durfte ja nicht der Eindruck entstehen, eine Zeche sei staubig oder dreckig.

Also wurden viele Kumpel von der Produktion abgezogen und für die Putzerei abgestellt. Auch zum Fegen des Zechengeländes.

Aber es war Winter. Und da stellte man plötzlich fest, die Zeche sei irgendwie zu grau. Also wurden die kahlen Sträucher mit grüner Farbe angesprüht, die Zeche musste glänzen für den hohen Besuch.

Ich glaube nicht, daß der Bundespräsident das bemerkt hat, sonst hätte er bestimmt alle für Verrückt erklärt.

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Kommentare

Hallo, Hans
Es ist schon verrückt und berichtenswert, was Du alles auf dem Pütt erlebt hast. Die Kumpel werden ausgepresst, dass das Blut unter den Fingernägeln hervorspritzt, kaum meldet sich mal ein Sänger ( Hoch auf dem gelben Wagen ), der glaubt, auch Bundespräsident sein zu dürfen, dreht alles durch.
Du wirst recht haben. dass die Sträucher im tiefsten Winter grün waren, hat der Herr vermutlich als besonderes Gottesgeschenk für seine nicht selbstverdiente Präsidentscaft empfunden. Es gibt doch arme Menschen.
Bis die Tage, gut gehn
Curti

Hallo Herr Frackowiak,
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