Stube 46


Wie ich an anderer Stelle erwähnte, war ich von April bis November 1941 durch die Kinderlandverschickung in einem Benedictinerkloster in Tutzing am Starnbergersee.

Auf unserer Stube, Stube 46, waren wir mit 20 Jungen. Unsere Stube war ein kleiner Saal mit Doppelstockbetten. Wir waren alles elfjährige, nur unser Stubenältester, Salomon, war 13. Weil er sich so Namen wie "Rezscisnik" oder "Robakowski" nicht merken konnte, gab er uns allen Tiernamen, mit denen wir dann von ihm, statt mit unseren richtigen Namen, angesprochen wurden. Das waren Namen wie Stier, Bulle, Hengst, Eichhörnchen, Schaf, Schlange usw.. Ich war "Igel", wegen meiner kurzen Haare.

Unsere Stube 46 war eine eingeschworene Gemeinschaft, wir haben alles untereinander geteilt. Unser Kamerad Nöthe bekam jede Woche Kuchen von Zuhause geschickt, der wurde dann unter Allen in der Stube aufgeteilt.

Der Tagesablauf war immer gleich: Morgens gab es Schule, und Nachmittags sogenannte "Freizeitgestaltung" durch die H.J. (Hitlerjugend).

Die Nonnen des Klosters kochten für 300 Jungen, den Lehrkörper und die Lagerleitung.

Mittags am Tisch, mussten jede Gruppe abwechselnd Tisch und Küchendienst machen. Mit einem Tischspruch begann das Essen, das waren so markige Sprüche wie:

"Auf das die edle Jauche, Wellen schlag in unserem Bauche" oder "Bescheidenheit, Bescheidenheit verlass mich nicht bei Tische und sorg das ich zur rechten Zeit das grösste Stück erwische."

Einmal bauten wir uns am See ein Floss. Mit 8 Mann (Jungens) gingen wir drauf und paddelten weit auf den See raus. Dann fingen einige an zu schaukeln. Was dann kam, war klar: Alle lagen im See und mussten ans Ufer schwimmen. Für unsere Stube gab es einen strengen Verweis.

Im vorigen Jahr traf ich mich mit meinen Stubenkollegen Sudhof und Nöthe, wir hatten viel zu erzählen. Nach fast 70 Jahren war die Zeit in Tutzing schön, das Negative war vergessen.

Information und Links

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Kommentare

Ich habe heute im Stader Tageblatt den
Artikel über Sie gelesen und habe mir
dann Ihre Webseite angeschaut. Ich finde Ihre Geschichten sehr intersant
und werde jetzt öfter mal in Ihrer Webseite stöbern.
Gruß von Harm aus Horneburg

Hallo, Hans
Ähnliches habe ich auch erlebt, aber erst Mitte der 50er Jahre.Das war immer eine tolle Sache aber heute bekommst Du so gut wie keine jungen Menschen mehr für solche Erlebnisse. Schade.
Bis die Tage
Curti